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Griechenland

  • Jessi
  • 13. Aug.
  • 7 Min. Lesezeit

Von schwebenden Klöstern, prügelnden Mönchen und einem mobiliarfressenden Superteig… -


Unsere Erkundungstour durch Griechenland starten wir mit einem Kontrastprogramm. Zuerst besuchen wir die Insel Lefkada, welche über eine Brücke erreichbar ist. Lefkadas Strände zählen zu den schönsten Griechenlands. Wenn man Reiseprospekte durchblättert und bei Strandfotos für sich denkt „Ja, ja, da wurde ordentlich mit Photoshop rumgeschraubt - niemals wird das tatsächlich so aussehen“, dann irrt man im Falle der Lefkadastrände. Das Wasser hat tatsächlich diesen unwirklich intensiven, tiefblauen Farbton, welcher je nach Wassertiefe zwischen helltürkis bis dunkel-azurrblau variiert. Im Wasser befindet sich feines weisses Sediment, welches für dieses Farberlebnis sorgt. In Kombination mit dem Strand mit seinen glatt geschliffenen, feinen weiss-beigen Kieselsteinen und den teils roten Felsen im Hintergrund gerät das Panorama erst recht zu einem kitschigen Wandposter, an dem wir uns trotzdem kaum satt sehen konnten. Das i-Tüpfelchen oben drauf war wohl noch die Jahreszeit. Denn im späten Herbst sind kaum mehr Touristen da, sodass wir die Strände manchmal ganz für uns alleine hatten.

Dann ging es in den Norden in die Berge, solange es die herbstlichen Temperaturen noch zuliessen. Hier kurven wir durch eine Landschaft, die so gar nicht der Postkartenversion Griechenlands entspricht, in ihrer Schönheit ihr aber in nichts nachsteht. Bizarre Felsformationen prägen die Landschaft, wilde Bergbäche werden von unzähligen schönen alten Steinbrücken überspannt, uralte gigantische Platanen auf den Dorfplätzen scheinen mit ihren ausladenden Ästen die sie umringenden Steinhäuschen zu umarmen. Das alles erstrahlt in einer herbstlichen Farbpalette.

Und dann ist da Meteora, das eben so unwirklich scheint, wie zuvor die Kitschstrände. Die Sandsteinsäulen, welche aus einer mehr oder weniger flachen Landschaft aufragen, wirken wie künstlich erschaffen - als hätte ein Zooarchitekt übergrosse Dekor-Felsen giessen lassen. Um dem Bild noch zusätzlich etwas „Pfiffiges“ zu verleihen, hat er einige Felsen nach dem Vorbild eines Schweizer Käses geschaffen. Viele der Felsen sind durchlöchert von Höhlen. Im 9. respektive 11. Jahrhundert, je nach Quelle, sollen sich hier die ersten Mönche in die Höhlen zurück gezogen haben, um sich in der Einsiedlerei ganz auf Gott und das Gebet zu konzentrieren. Die Höhlen wurden allerdings schon viel früher in der Geschichte genutzt. In der Theopetra-Höhle wurde das älteste Bauwerk der griechischen Geschichte entdeckt: Eine Mauer, die teilweise den Höhleneingang verschliesst und auf 23 000 Jahre geschätzt wird. In den Sediment-Ablagerungen in der Höhle wurden menschliche Spuren gefunden, die Schätzungen zufolge zwischen 300 000 und 200 000 Jahre vor Christus hier hinterlassen wurden.

Die ersten Klöster wurden errichtet, als sich die Mönche im Laufe der Jahre aus ihren Eremitagen zu einer organisierten Gemeinschaft zusammenschlossen. Bis hinein ins 14 Jh. kamen laufend neue Klöster dazu. 24 Klöster und Eremitagen sind heute noch vorhanden. 18 davon können nicht besichtigt werden, da es keinen Zugang mehr gibt oder sie gesperrt sind, weil der Weg da hin zu gefährlich, respektive das Gebäude in einem zu schlechten Zustand ist. Heute sind die sechs zu besichtigenden Klöster über nachträglich angebaute Steintreppen erreichbar, sodass auch der 0815-Tourist die Möglichkeit hat ein Kloster zu besuchen.

In der Vergangenheit waren die Klöster nur über Strickleitern und Flaschenzüge erreichbar. Das heisst, die Mönche kletterten 300 bis 400 Meter an wackligen Strickleitern senkrecht hoch und runter oder setzten sich in Körbe oder Netze und liessen sich über Flaschenzüge von einem Glaubensbruder hochziehen. Diese Aktionen waren sehr risikoreich. So besagt die Legende um das Kloster Rousánou, dass es dem Klosterherrn beliebte, die Strickleitern erst dann zu ersetzen, wenn sie gerissen waren.

Bei der Errichtung der Klöster wurde jeder einzelne Stein von Mönchen über die Strickleiter nach oben getragen oder in Netzen mit Hilfe der Flaschenzüge hochgezogen.

Die schwierige Erreichbarkeit bot aber auch Schutz. Während der Osmanischen Besatzung wurden hier griechische Kulturgüter und orthodoxe Heiligtümer vor der Zerstörung bewahrt. Auch Teilen der Bevölkerung wurde hier Zuflucht gewährt. Lange Zeit wurden die Klöster ausschliesslich von Mönchen bewohnt und bewirtschaftet, Frauen war es untersagt sie zu betreten. Es wurde jedoch zunehmend schwieriger neue Mönche zu finden um alle Klöster zu besetzen. So verwaisten viele und zwei davon wurden zu Nonnenklöstern.


Auf der Halbinsel Athos hingegen wird bis heute an der frauenfreien Zone festgehalten. Das Gebiet rund um den Berg Athos ist mit seinen 20 Klöstern eine orthodoxe Mönchsrepublik mit autonomem Status unter griechischer Souveränität. Begründet wird dieser Entscheid mit der Legende von Maria, die hier auf einer Reise zur See Halt gemacht haben soll.

Die Landschaft habe ihr so gut gefallen, dass Gott ihr das Land zum Geschenk machte. Ihr zu Ehren soll sie die einzige weibliche Person bleiben, die den heiligen Boden je betreten durfte. Ob sich Maria als einzige Frau unter rund 1800 Männern wohl gefühlt hätte…?

Nicht nur Frauen wird der Zutritt untersagt, sondern jeglichen weiblichen Lebewesen. Wenn beispielsweise Lasttiere, wie Esel oder Pferde auf der Halbinsel eingesetzt werden, so werden dafür ausschliesslich Hengste gewählt. Ausnahmen werden bei Katzen gemacht, da diese ganz praktisch sind und die Klöster von Ungezifern befreien. Auch Bienen haben eine Sondergenehmigung, da die Mönche wohl ungern auf Honig verzichten. Die Mönche versorgen sich fast ausschliesslich selber, darum ist auch ihre Küche fleischlos, da es für die Zucht zur Fleischproduktion bekanntlich beide Geschlechter braucht. Darum soll, mit Ausnahme der Katzen, angeblich auf dem heiligen Boden seit gut 1000 Jahren kein Fortpflanzungsprozess unter Warmblütern mehr stattgefunden haben.

Der Mönch Pater Mitrophan schrieb 1986: "Die Athoniten verwehren den Frauen den Zutritt zum Heiligen Berg, weil sie die Frauen wahrhaft lieben. Alle Frauen sind auf dem Athos abwesend, und doch wieder, durch die Gottesmutter Maria, sind alle anwesend."

In der Vergangenheit gab es jedoch immer wieder Frauen, die es schafften einen Fuss auf den verbotenen Grund zu setzen. Dabei handelte es sich entweder um ein Versehen oder um Proteste gegen diese Regel. Im 14. Jahrhundert wollte der Serbische Herrscher seine Frau Helena auf die Halbinsel bringen um sie vor der Pest zu schützen. Damit sie keinen Fuss auf den heiligen Boden setzen musste, soll sie der Legende nach immer in einer Sänfte herumgetragen worden sein.

Eine weitere Besonderheit der Halbinsel ist, dass die Mönche nach dem julianischen Kalender leben und somit 13 Tage hinterherhinken. Auch ihre Uhren ticken anders. Bei ihnen beginnt der Tag nach Sonnenuntergang und nicht um Mitternacht. Was muss das für eine Rechnerei sein, wenn “Mann” einen Besuchstermin mit einem Mönch auf Athos ausmachen möchte…

Die Republik hat sogar eigene Autokennzeichen, obwohl kaum befahrbare Strassen existieren und demnach auch nur ein paar wenige Fahrzeuge vorhanden sind.

Die Klostergemeinschaften machen auch immer mal wieder mit spektakulären Streitigkeiten Schlagzeilen. So heisst es 2010 in der Süddeutschen Zeitung “Mönche prügeln sich auf Athos”. Mit Beilen und Eisenstangen sollen sie aufeinander losgegangen sein. Grund des Konfliktes war der Dialog und die Zusammenarbeit von Bartholomaios, dem griechisch-orthodoxen ökumenischen Patriarchen, mit der römisch-katholischen Kirche.  Die ultraorthodoxen Mönche des Klosters Esfighmenou warfen ihm “Verrat an der Orthodoxie" vor. Darauf hin forderte Bartholomaios die Räumung der Abtei mit den abtrünnigen Mönchen. Als Reaktion darauf besetzten die betroffenen Mönche einige Klosteranlagen, erklärten bis zum Tode kämpfen zu wollen und warfen mit Molotow-Coktails. Der Polizei, welche die Anlage räumen sollte, drohten sie mit Sprengung der Abtei, falls sie einschreiten sollte.

In der Vergangenheit sorgte einst auch ein geplanter Generationenwechsel für Aufruhr. Rund 20 konservative orthodoxe Mönche verbarrikadierten sich im Kloster Vatopedi, um Jungmönche aus andern Klostergemeinschaften nicht einzulassen. Die Polizei musste Tag und Nacht Wache stehen, um zu verhindern, dass es zu Handgreiflichkeiten kommt.


Auf der kleinen Insel Antikithira hingegen wird viel unternommen, dass es zum Generationenwechsel kommt. Diese kleine Insel zwischen dem Peloponnes und Kreta wird nur noch gerade von 24 Menschen das ganze Jahr über bevölkert - Tendenz sinkend. Dem möchte die Regierung entgegenwirken und versucht junge Familien aus dem In- und Ausland anzulocken. Dafür werden Häuser kostenlos zur Verfügung gestellt und auch die Verpflegung ist in der ersten Zeit kostenlos. Als Goody gibt es als Starthilfe in der ersten Zeit sogar noch 500 Euro oben drauf. Bedingungen: Mindestens 3 Kinder - die Wiedereröffnung der Schule soll sich ja auch lohnen - und dauerhafter Umzug.

Man muss aber wissen, dass die Insel wirklich sehr klein ist. Unsere Fähre machte auf dem Weg nach Kreta einen Zwischenstopp auf Antykithira um den Kübelwagen von Bord zu lassen. Das Schiff musste zielen, um die Insel nicht zu verfehlen!


Kreta war dann für unsere Winterflucht perfekt. Wunderschöne Wildcampingplätze und warme Temperaturen die sogar ein angenehmes Baden im Mittelmeer zuliessen. Für die zweite Woche kam René auf Besuch. An der Südküste der Insel haben wir dafür ein Haus mit Meerblick gemietet. Wir hatten eine gemütliche Woche zusammen, mit Strandbesuchen, Höhlentouren, Aquariumsbesichtigung, leckerem Essen und extrem erfolgreichem Angeln. Schön wars René und wir freuen uns schon auf deinen nächsten Besuch 😉


Auf Weihnachten hin “fähren” wir wieder aufs Festland zurück und mieten uns ein kleines Ferienhäuschen. Barbara, Thomas und Alwin sind da und feiern mit uns Weihnachten. Hellasstyle, Weihnachtsabend unter freiem Himmel am Feuer und  Bescherung unter dekoriertem Olivenbaum. Eine schöne Woche mit gemütlichem Beisammensein folgte. Zudem gab es jede Menge Pizza… Natürlich mit selbst gemachtem Teig! Ich spicke in einem Jamie-Oliver-Rezept. Da heisst es 4 Pack Trockenhefe auf ein Kilo Mehl. Das ist ja sehr viel Hefe, habe ich noch gedacht, aber der Jamie wird’s ja schon wissen und kippte die 4 Packungen zum Mehl. Wie ich lernen musste gibt es unterschiedlich stark treibende Hefe. In England haben sie wohl schwach treibende, in Griechenland hingegen muss die Hefe sehr potent sein. Der Teig wuchs und wuchs zu einem alles verschlingenden Monstrum! Aus der Hälfte des Teigs machten wir Pizza aber der Rest des Teiges war noch lange nicht fertig mit Quellen. Am folgenden Tag war er bereits wieder auf mehr als die doppelte Grösse gewachsen, quoll über die Schüssel und machte sich auf Richtung Wohnzimmer. Wir fürchteten, dass er sich nächstens das Mobiliar oder gar Alwin einverleiben könnte. So gab es noch einmal Pizza plus Frühstücksbrötchen, dann endlich hatten wir den Monsterteig erledigt.

Viel zu schnell ging die Woche vorüber und schon mussten wir und die Familie Rohner-Roderer incl. Koffern uns wieder in unseren Bus quetschen und rund drei Stunden nach Athen zum Flughafen düsen. Schön war es mit euch! Vielen Dank für den Besuch!


Über Griechenland gäbe es noch so viel zu schreiben, so reich wie dieses Land an Geschichte, Kulturgütern und Mythologie ist und so abwechslungsreich die Landschaft, Städte und Dörfer sind. Doch es würde den Rahmen sprengen.


Was uns sonst noch aufgefallen ist:


Viele uralte PW-Pick-Up’s

Total undurchschaubare Ladenöffnungszeiten

Signalisierungs-Wald an Baustellen

Am Strassenrand steht alle paar Kilometer eine kleine briefkastengrosse Minikirche

Funfact: In ganz Griechenland gibt es 120 bis 170 Millionen bewirtschaftete Olivenbäume

und gefühlt etwa ähnlich viele Ortschaften und Städte mit dem Namen “Agios Nikolaos”


Ein griechisches Sprichwort:

Φάγαμε τον γάιδαρο, μας έμεινε η ουρά.


„Wir haben den Esel gegessen, es bleibt nur noch der Schwanz.“


Bedeutung: Das Schwierigste ist bereits geschafft, es bleibt nur noch ein kleines Stück übrig.

 
 
 

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